Die Harznutzung ist vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit. Harze wurden schon seit je her als Heilmittel und als nützliche Gabe der Natur für vielfältigste Einsatzmöglichkeiten erkannt. So hat beispielsweise Ötzi, der steinzeitliche Alpenwanderer, seine Pfeilspitzen mit Birkenpech verklebt.
Pech und ätherische Öle gehören zu den ältesten und gebräuchlichsten Hilfsmitteln der Heilkunst. Die in Samen, Nadeln und Harz enthaltenen Wirkstoffe (Ätherische Öle, Harzsäuren) wirken schleimlösend, wassertreibend, durchblutungsfördernd und keimtötend.
Nicht nur die Phönizier verwendeten Harze in Salben und zur Räucherung (Styrax und Weihrauch). Auch die Ägypter gebrauchten verschiedene Harzarten (Styrax, Mastix, Laudanum und Asphalt) in der Medizin und zum Einbalsamieren. Der Rauch verbrannter Harze in der medizinischen Therapie wurde auch in Indien eingesetzt und in einer Mischung mit Knochenmehl und Kalk galt es als Mittel gegen den Biss der Giftschlangen. Griechen und Römer hinterließen schriftliche Aufzeichnungen und Rezepturen, worin von Wundverbänden aus Wein und Harz (Fichtenharz und Terpentinöl) sowie als blutstillendes und als Uterusmittel berichtet wird. Räucherungen mit Harz galten als gutes Hustenmittel und so hat sich das Pech bis in die heutige Zeit wegen seiner antiseptischen Eigenschaft in verschiedener Form als Wundheilmittel erhalten.
Darüber hinaus dienten Harze von alters her als Mittel gegen Gicht, Rheuma, Brustleiden, als krampflindernde, wurmtreibende oder Wehen fördernde Arzneien. Die Anwendung erstreckte sich dabei von Räucherungen, Badezusätzen, Salben und Pflastern bis zur direkten Einnahme.
Die industrielle Nutzung der Harze entwickelte sich im 19. Jahrhunderte und so wurde das Harz der Schwarzkiefer nach der Aufbereitung in Pechsiederein und später in den Harzgenossenschaften in die Bestandteile Kolophonium (ca. 70%) und Terpentin (ca. 30%) aufgetrennt. Das Kolophonium wurde neben dem Einsatz als Geigenharz und Saupech primär bei der Papiererzeugung verwendet. Terpentin wiederum wurde in der Produktion von etwa Farben, Lacken, Linoleum sowie Schuhcremen verwendet. Bedeutung hatte Harz auch als Rohstoff für die Rüstungsindustrie des ersten Weltkrieges. Eine Vielzahl weiterer Produkte wurde aus dem Harz erzeugt, wie etwa Kampfer, Zelluloid, Seife, Schuhcreme, Wachstücher, Imprägnierungsmittel, Karbolineum, Pflanzenschutz- und Rostschutzmittel, Schmieröle, technische Fette, Druckerfirnisse, Sau-, Schuster- und Brauerpech, Kunstharze, Kitte, Isoliermasse, Rahmenvergoldungen, Badezusätze, pharmazeutische Präparate, Riechstoffe und viele andere.
Die Harzgewinnung als Fertigkeit hat sich über die Jahrzehnte verändert. Die Technik wie auch die Werkzeuge wurden regional entwickelt und unterlagen verschiedenen Einflüssen. So wurde beispielsweise das an den „Lachten“ (verletzte Stelle des Baumes) herabrinnende Pech bis in 1920er Jahre an dem Fuß des Stammes in einer eigens geschlagenen Kerbe, dem sogenannten „Grandl“ gesammelt. Nach einer Studienreise des Geschäftsführers der Piestinger Harzgenossenschaft nach Frankreich kam er mit der Technik des Sammelns mittels „Häferls“ zurück und verbreitete diese Methode in einer mühsamen Überzeugungsarbeit in der gesamten Region. Werkzeuge, Materialien und Methoden entwickelten sich individuell wie auch regional und werden im Museum Hernstein umfassend dargestellt.
Mit der Verdrängung des Rohstoffes Baumharze durch die Erdölprodukte wurde es ab den 1960-er Jahren zunehmend schwieriger einen entsprechenden Markt zu finden und für den Rohstoff einen adäquaten Preis zu erzielen. Letztlich wurde die industrielle Harzgewinnung Anfang der 1970er Jahre in Österreich eingestellt, da es für die Rohstoffe keinen entsprechenden Massenmarkt mehr gab. Einzig die Nische der kosmetischen Produkte ist aktuell durch wenige nebenerwerbliche Pecher besetzt.
2003 wurde das Gewerbe der industriellen Pecherei um Hernstein zum immateriellen Kulturerbe ernannt und findet sich damit in der Liste jener Fertigkeiten, die in früheren Zeiten regionale Bedeutung, das gesellschaftliche Leben prägte und damit auch eine Anerkennung erhielt.
https://www.unesco.at/kultur/immaterielles-kulturerbe/oesterreichisches-verzeichnis/detail/article/pecherei-in-niederoesterreich
https://www.meraner.eu/historisches/der-pechklauber--pechler-oder-harzer.763?page=?nocache&compilecheck&after=1