Die Pecherei

Die Schwarzkiefer und ihr besonderes Harz

Die Schwarzkiefer oder Schwarzföhre (Pinus Nigra var. Aurtriaca) findet in Niederösterreich, und damit auch rund um Hernstein, ihr nördlichstes geschlossenes Vorkommen in Europa. 

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Schwarzkiefer erstreckt sich rund um das Mittelmeer, also im Süden Europas. Sie findet sich in Teilen Nordafrikas, wie in Marokko und Kleinasien aber auch in Europa von Portugal über Frankreich, Griechenland bis Türkei und besiedelt die höchsten Berge der Mittelmeerinseln, wie Zypern.

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Da die Schwarzföhre humides (= feuchtes) bis subhumides Gebirgsklima liebt, ist ihre Verbreitung an diese klimatischen wie auch Standort spezifischen Gegebenheiten gebunden. Als genügsame und robuste Holzart besiedelt sie wenig ergiebige Böden die von locker sandig bis tonig, kalk-wie silikatreich reichen können. Die Schwarzkiefer ist aber nicht nur sehr Hitze- und Trockenheitsbeständig, sondern ist auch gegenüber extremer Kälte unempfindlich.

Auf kargen Böden kommt sie bestandsbildend vor, lediglich bei besseren und tieferen Bodenbedingungen wird sie durch Laubhölzer bedrängt und sie findet in Mischwäldern ihren Platz – meist an den exponierten Stellen des Geländes. Die aktuelle Ausdehnung der Schwarzkiefer in Niederösterreich wurde durch forstliche Maßnahmen begünstigt, um die wirtschaftliche Nutzung durch die Pecherei zu steigern. Aktuell wird die Schwarzkiefer wieder durch Rückbaumaßnahmen zurückgedrängt. 

Auf trockenen und unergiebigen Böden bildet die Schwarzkiefer gerne eine schirmförmige Krone aus, wie sie auch ein sehr hohes Alter von bis zu 800 Jahren erreichen kann. 


Das Holz der Schwarzkiefer ist jener der Lärche ähnlich, ist daher sehr harzreich und schwer. Gerne wurde früher das Holz auf Grund dieses Harzgehaltes und der Festigkeit sowie Zähigkeit im Wasserbau verwendet oder auch für die Lawinenverbauungen und für die Mastenproduktion. Besondere Verwendung hatte die Schwarzkiefer auf Grund ihrer Eigenschaften beim Theater – die Bretter, die die Welt bedeuten, dürfen nämlich nicht knarren, was die Schwarzkiefer eben nicht macht! Früher wurde das Holz aber auch im Schiffsbau verwendet.

Wenn das Holz auch sehr ästhetische und bautechnisch positive Eigenschaften hat, so wurde sie meist in der feineren Verarbeitung gemieden, da das Holz deutlich schwerer ist als beispielsweise die Fichte und damit die Werkzeuge (Hobel etc.) und Handwerker deutlich mehr strapazierte. Im Pechermuseum Hernstein finden Sie das verarbeitete Schwarzkiefernholz als Dielenboden wie auch als Möbelholz.

Durch den hohen Harzgehalt und die sehr robuste Natur der Schwarzkiefer war sie bestens geeignet, um in der industriellen Harzgewinnung des 19. Und 20. Jahrhunderts höchsten Ertrag zu liefern. Diese industrielle Nutzung und harte Beanspruchung des Waldes führte in den 1950-er Jahren dazu, dass seitens der Landwirtschaftskammer eine mahnende Broschüre herausgegeben wurde, die eine drohende Verkarstung, nach Vorbild des Mittelmeerraumes, auf Grund dieser extensiven Bewirtschaftung einmahnte.

Quelle: https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/ABC_zur_Volkskunde_%C3%96sterreichs/Vinzenz%2C_hl.

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Geschichte der Pecherei

Die Harznutzung ist vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit. Harze wurden schon seit je her als Heilmittel und als nützliche Gabe der Natur für vielfältigste Einsatzmöglichkeiten erkannt. So hat beispielsweise Ötzi, der steinzeitliche Alpenwanderer, seine Pfeilspitzen mit Birkenpech verklebt. 

Pech und ätherische Öle gehören zu den ältesten und gebräuchlichsten Hilfsmitteln der Heilkunst. Die in Samen, Nadeln und Harz enthaltenen Wirkstoffe (Ätherische Öle, Harzsäuren) wirken schleimlösend, wassertreibend, durchblutungsfördernd und keimtötend. 

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Nicht nur die Phönizier verwendeten Harze in Salben und zur Räucherung (Styrax und Weihrauch). Auch die Ägypter gebrauchten verschiedene Harzarten (Styrax, Mastix, Laudanum und Asphalt) in der Medizin und zum Einbalsamieren. Der Rauch verbrannter Harze in der medizinischen Therapie wurde auch in Indien eingesetzt und in einer Mischung mit Knochenmehl und Kalk galt es als Mittel gegen den Biss der Giftschlangen. Griechen und Römer hinterließen schriftliche Aufzeichnungen und Rezepturen, worin von Wundverbänden aus Wein und Harz (Fichtenharz und Terpentinöl) sowie als blutstillendes und als Uterusmittel berichtet wird. Räucherungen mit Harz galten als gutes Hustenmittel und so hat sich das Pech bis in die heutige Zeit wegen seiner antiseptischen Eigenschaft in verschiedener Form als Wundheilmittel erhalten. 

Darüber hinaus dienten Harze von alters her als Mittel gegen Gicht, Rheuma, Brustleiden, als krampflindernde, wurmtreibende oder Wehen fördernde Arzneien. Die Anwendung erstreckte sich dabei von Räucherungen, Badezusätzen, Salben und Pflastern bis zur direkten Einnahme. 

Die industrielle Nutzung der Harze entwickelte sich im 19. Jahrhunderte und so wurde das Harz der Schwarzkiefer nach der Aufbereitung in Pechsiederein und später in den Harzgenossenschaften in die Bestandteile Kolophonium (ca. 70%) und Terpentin (ca. 30%) aufgetrennt. Das Kolophonium wurde neben dem Einsatz als Geigenharz und Saupech primär bei der Papiererzeugung verwendet. Terpentin wiederum wurde in der Produktion von etwa Farben, Lacken, Linoleum sowie Schuhcremen verwendet. Bedeutung hatte Harz auch als Rohstoff für die Rüstungsindustrie des ersten Weltkrieges. Eine Vielzahl weiterer Produkte wurde aus dem Harz erzeugt, wie etwa Kampfer, Zelluloid, Seife, Schuhcreme, Wachstücher, Imprägnierungsmittel, Karbolineum, Pflanzenschutz- und Rostschutzmittel, Schmieröle, technische Fette, Druckerfirnisse, Sau-, Schuster- und Brauerpech, Kunstharze, Kitte, Isoliermasse, Rahmenvergoldungen, Badezusätze,  pharmazeutische Präparate, Riechstoffe und viele andere.

Die Harzgewinnung als Fertigkeit hat sich über die Jahrzehnte verändert. Die Technik wie auch die Werkzeuge wurden regional entwickelt und unterlagen verschiedenen Einflüssen. So wurde beispielsweise das an den „Lachten“ (verletzte Stelle des Baumes) herabrinnende Pech bis in 1920er Jahre an dem Fuß des Stammes in einer eigens geschlagenen Kerbe, dem sogenannten „Grandl“ gesammelt. Nach einer Studienreise des Geschäftsführers der Piestinger Harzgenossenschaft nach Frankreich kam er mit der Technik des Sammelns mittels „Häferls“ zurück und verbreitete diese Methode in einer mühsamen Überzeugungsarbeit in der gesamten Region. Werkzeuge, Materialien und Methoden entwickelten sich individuell wie auch regional und werden im Museum Hernstein umfassend dargestellt. 

Mit der Verdrängung des Rohstoffes Baumharze durch die Erdölprodukte wurde es ab den 1960-er Jahren zunehmend schwieriger einen entsprechenden Markt zu finden und für den Rohstoff einen adäquaten Preis zu erzielen. Letztlich wurde die industrielle Harzgewinnung Anfang der 1970er Jahre in Österreich eingestellt, da es für die Rohstoffe keinen entsprechenden Massenmarkt mehr gab. Einzig die Nische der kosmetischen Produkte ist aktuell durch wenige nebenerwerbliche Pecher besetzt.

2003 wurde das Gewerbe der industriellen Pecherei um Hernstein zum immateriellen Kulturerbe ernannt und findet sich damit in der Liste jener Fertigkeiten, die in früheren Zeiten regionale Bedeutung, das gesellschaftliche Leben prägte und damit auch eine Anerkennung erhielt.

 

https://www.unesco.at/kultur/immaterielles-kulturerbe/oesterreichisches-verzeichnis/detail/article/pecherei-in-niederoesterreich

https://www.meraner.eu/historisches/der-pechklauber--pechler-oder-harzer.763?page=?nocache&compilecheck&after=1

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Der heilige Vinzenz - Schutzpatron der Pecher und Holzarbeiter

(aber auch der Seeleute, der Dachdecker, des Federviehs, etc.)

Ein Schutzpatron ist nach katholischem Verständnis ein Heiliger, der mit einem bestimmten Wirkungskreis verbunden ist. Seinem Schutz unterstellt man bestimmte Objekte oder Berufe. Der Schutzpatron ist der Heilige, der in bestimmten Anliegen bevorzugt angerufen wird, der Grund dafür hängt meist mit der Lebensgeschichte dieses Heiligen zusammen. – Gerade deshalb scheint es im Falle des Hl. Vinzenz von Valencia (auch: Vinzenz von Saragossa) nicht ganz schlüssig, wie er zu den Waldarbeitern kam.

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Vinzenz lebte um 300 n.Chr. und war der Legende nach Diakon des greisen Bischofs Valerius von Saragossa. In der Zeit der Christenverfolgungen wurde er auf das Grausamste gefoltert und getötet. Seine Gebeine wurden 1160 von Valencia nach Lissabon übertragen; Vinzenz ist auch der Landespatron von Portugal. Außerdem ist nach ihm die Karibikinsel St. Vincent benannt, da Christoph Kolumbus sie am Gedenktag des Heiligen entdeckt hat.

Wie gut, dass der “Vinzenzi-Tag” am 22. Jänner in die weniger arbeitsintensiven Monate des Pechers fällt, so konnte man sich wirklich einen “Feita” (Feiertag) gönnen. Wie es sich für einen solchen gehört, ging man in die Kirche und besuchte die „Vinzenzi-Messe“, bei der einige Pecher als Ministranten fungierten.  Arbeiten im Wald kam in diesem Tag nicht mehr in Frage, vielmehr wurde intensiv und ausdauernd im Wirtshaus gezecht und die Pecher, die ja gewohnt waren, im Pechwald nur wenig Ansprache zu haben, waren hier umso gesprächiger, gesellig und vor allem auch sehr sangesfreudig.

Der Vinzenzi-Tag ist auch der Tag der „Vogelhochzeit“. Ein Lostag, an dem es möglichst sonnig sein sollte, damit die gefiederten Freunde vor dem „Heiraten“ ein Bad im Wasser aus der Schneeschmelze nehmen können. 

Es freut uns, dass wir die Tradition des Vinzenzi-Tages in der Marktgemeinde Hernstein bis heute leben. Am Samstag rund um den Feiertag wird die traditionelle Waldlermesse gesungen und ehemalige Pecher ministrieren bei der Heiligen Messe. Im Anschluss daran stärkt man sich bei einer deftigen Agape mit Schmalzbrot und Glühwein. Dann wird weitergesungen und gefeiert, auch in den umliegenden Wirtshäusern.

Vinzenzkapelle im Wald am Hart


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Harz-Produkte

Harz ist der Sammelbegriff für feste bis flüssige organische Stoffe, die von Bäumen abgesondert werden. Im süddeutschen Raum und in Österreich wird Naturharz auch als (Baum)-Pech bezeichnet. 

Kolophonium ist das bekannteste natürliche Harzprodukt.

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Als Kolophonium werden die festen Bestandteile des Baumharzes bezeichnet, die nach der Abtrennung der flüssigen Bestandteile (Terpentin) mittels Destillation zurückbleiben und es findet vielerlei Verwendung, z.B. als Klebstoff für Heftpflaster, als  sog. Geigenharz zu Behandlung der Bogenhaare bei Streichinstrumenten und nach wie vor als „Saupech“ zum Enthaaren von Borstenvieh. Geschätzt ist es auch als aromatisches Räucherwerk, es wirkt antiseptisch und durchblutungsfördernd.

Schon Griechen und Römer verwendeten Harz als wertvolles Heilmittel. Zur Anwendung kam es bei Husten, Asthma, Krämpfen, Schwindel, Zahn- und Ohrenschmerzen, aber auch zur Heilhilfe bei Eiterungen und Furunkeln. Heute wird es zu Produkten für Körperpflege und Naturkosmetik (Cremen für trockene und empfindliche Hauttypen, Massageemulsionen, Deos, etc.) verarbeitet.

Das Baumpech fand in früheren Zeiten industrielle Nutzung in der Papier-, Lack-, Seifen-, Linoleumherstellung, etc., wurde aber in diesen großen Einsatzbereichen von vollsynthetischen Produkten großteils abgelöst, weshalb auch die Bedeutung des Naturharzes so stark zurück ging.

Das Naturharz, also unser „Pech“, wird aber weiterhin für die o.a. Spezialanwendungen gebraucht und die biologischen Produkte finden z.B. als giftfreie Holzschutzmittel, sowie Mittel zur Möbel- und Lederpflege reißenden Absatz.

Rund um die ‚Keaföhrenen‘, einer Gruppe engagierter Menschen, die sich mit dem Thema ‚Schwarzföhre‘ und ‚Pecherei‘ auseinandersetzen, entwickeln sich derzeit immer wieder kreative und innovative Produkte rund ums Pech. Neben Produkten für die Körperpflege entstanden zum Beispiel fantastische Schnäpse, ein ganz besonderer Wein, biologische Kaugummis oder ein herrlicher Raumduft. Die Möglichkeiten des Pechs scheinen in der heutigen Zeit noch vielfältiger und spannender als ursprünglich gedacht. Man darf gespannt sein, wie sich dieses Produkt in einer Zeit weiterentwickelt, in der Regionalität und Ursprünglichkeit immer wichtiger werden!

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